Gedankenimpuls

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Der Gedankenimpuls
Vom Umfallen und Aufrichten!
Manchmal höre ich von Menschen in der Beratung: „Ich kann nicht mehr!“ Oder ich merke selbst in meinen Gesprächen, dass ich eine Grenze erreiche und nichts mehr aufnehmen kann. Es ist genug.
Ich gehe am Samstag zu einem Mitsingkonzert mit Frau Höpker. Querbeet vom Schlager über Evergreens bis zum Volkslied ist alles dabei. Singen im Stehen für die Fitten – ein paar Sitzplätze für diejenigen, die nicht so lange stehen können. Nach fast drei Stunden spüre ich, wie meine Kräfte merklich nachlassen. Keine Zugaben mehr für mich und die Sehnsucht nach dem Sofa in unserem Haus.
Im Zug höre ich ein paar Tage später diesen Satz in einem Podcast. „Der Mensch ist zum Umfallen geboren.“ Mein erster Impuls und Gedanke: „Ja, das stimmt!“ Irgendwann falle ich um und stehe nicht wieder auf. Zugleich regt sich in mir ein Protest: „Nein, das stimmt auf keinen Fall! Ich werde ewig leben!“
„Der Mensch ist zum Umfallen geboren.“ Dieser Satz stammt von dem Schweizer Arzt, Naturphilosophen und Alchemisten Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt unter dem Namen Paracelsus. Er sah den Menschen primär als Mängelwesen an und dem Tod immer sehr nah.
Ich sehe mich wieder beim Mitmachkonzert mit Frau Höpker stehen und höre Paracelsus: „Der Mensch ist zum Umfallen geboren.“ Ich hätte noch eine Weile stehen können, würde die Zähne mehr und mehr zusammenbeißen und das Stehen auf ein paar Stunden ausdehnen – irgendwann wäre ich zusammengesackt. Ich wäre umgefallen. Mir kommt mein Alter in den Sinn mit der leicht bitteren Wahrheit: Ich konnte schon einmal länger stehen. Je älter ich werde, desto kürzer wird der Zeitraum, wo ich bequem und entspannt stehen kann. Ich bewundere die Menschen, die im hohen Alter noch aufrecht stehen und sich ohne Gehhilfen bewegen können und habe Mitgefühl mit allen, die sich festhalten müssen.
„Der Mensch ist zum Umfallen geboren.“ Ich möchte den Satz nicht hören. Jetzt noch nicht! Paracelsus konfrontiert mich mit einer unangenehmen Wirklichkeit. Dass ich umfallen werde, ist mir bei der Geburt mitgegeben. Als Kleinkind beginne ich schon mit dem Einüben. Stehen lernen, umfallen und wieder aufstehen. Bis ich es kann! Dann verdränge ich das Umfallen für ein paar Jahrzehnte, bis mich dieser Teil der Wirklichkeit im Alter wieder einholt.
Bevor du abschaltest, das Lesen beendest und denkst, ich sei inzwischen tatsächlich alt geworden erlöse ich dich und mich mit dem Satz von Rainer Maria Rilke: „Jeder Tag ist der Anfang eines Lebens, jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.“ Gefällt dir der Gedanke besser? Dass du nicht jeden Tag vom Umfallen bedroht wirst, sondern der Ewigkeit entgegengehst? Verweile mit mir doch noch ein wenig bei dieser Vorstellung.
Ich komme auf die Welt und werde geliebt von meinen Eltern. Die Liebe fließt durch meine Adern und ist auf Fülle angelegt. Sie erfüllt meinen Körper, meine Seele und mein ganzes Bewusstsein. Die Welt ist nur für mich erschaffen worden und zeigt sich mir in all seiner Pracht. Ich darf spielen und einfach nur da sein. Die Erde ist rund, nach jedem Winter kommt der Frühling wieder und der Sommer. Die Sonne scheint jeden Tag für mich und auch wenn ich sie nicht sehe, ist sie hinter den Wolken für mich da. Warum sollte es jemals aufhören? Ich bin da und bade in der Liebe. Sie wird sich im Laufe meines Lebens vermehren. Wenn ich mir meines göttlichen Urgrundes bewusstwerde, kenne ich die unerschöpfliche Quelle, die den Tod und die Grenze nicht kennt. Ich werde aufrecht durchs Leben gehen und niemand kann mich aufhalten. Ich mag körperlich irgendwann umfallen, aber in meiner ewigen Verbindung mit dem Schöpfer ist das nur ein kleines Nebenereignis, dass mich nicht wirklich in der Seele berührt. Ich falle nicht um, sondern ich bin für die Ewigkeit berufen!
Klingt das besser in deinen Ohren? Besser als die Umfallbilder? Oder denkst du vielleicht: „Der übertreibt es jetzt aber in die andere Richtung! Das hört sich zwar schön an, ist aber auch ein bisschen daneben.“
Wie stellt sich für dich deine Wirklichkeit dar? Welcher Position stehst du nahe und welche Auswirkungen hat das auf dein Leben? Bist du mehr mit dem Umfallen verbunden oder mit der Berufung zur Ewigkeit? Passt du ständig auf, dass dir nichts Schlimmes passiert, oder gehst du eher voll Vertrauen deinen Weg und siehst die unerschöpflichen Möglichkeiten? Oder bist du vertraut mit beiden Positionen? Wenn du dir die Positionen als Pole eines Pendels vorstellst: Wo befindet sich die dir vertrauteste Stelle? Wo hältst du dich gewohnheitsmäßig auf? Mehr Umfallen oder mehr Ewigkeit? Wenn du dich selbst im Pendeln verortet hast, dann frage doch einmal einen dir vertrauten Menschen, wie er dich sieht und wahrnimmt. Strahlst du für andere die Ewigkeit aus oder doch die Begrenzung.
Wenn ich ehrlich bin, dann halte ich mich lieber bei Menschen auf, die auf die Ewigkeit ausgerichtet sind. „Umfaller“ kann ich auf die Dauer nicht so gut ertragen. Sie machen mich mutlos und depressiv. Kein angenehmes Lebensgefühl. Ich merke bei mir eine Wertung. „Umfaller“ haben bei mir schlechtere Karten. An „Ewigkeitsmenschen“ kann ich mich auf- und ausrichten.
Wenn ich mit dir jetzt aber einen Schritt weitergehe, kann ich meine Wertung wieder verlassen. Ein Kunde erzählt mir von einem Seminar, das er besucht hat. Das Leben sei zu verstehen wie eine Heldenreise. Darüber habe ich schon einmal einen Newsletter geschrieben. Am Höhepunkt der der Heldenreisen in den Mythen und Märchen kommt es zur Konfrontation. Der Held trifft auf den Drachen. Die Heldin begegnet der bösen Fee. Zugleich findet eine innere Auseinandersetzung, ein innerer Kampf statt. Die Mythen spiegeln dabei die Bilder und Gleichnisse unseres eigenen Lebens. Wir sind alle Heldinnen und Helden. In uns zeigen sich ständig die dämonischen und heldenhaften Seiten. Als sei unsere Seele oder unser Herz so etwas wie eine materielose Kampfbühne. Ich möchte der Liebe unendlichen Raum geben und werde konfrontiert mit Neid, Gier, Mangel und Misstrauen.
Das hängt nicht einmal von primär von meinen Eigenschaften ab. Das Leben selbst sorgt dafür, dass es nie glatt läuft und mir irgendetwas passiert, was mir überhaupt nicht gefällt. Damit schenkt das Leben mir so etwas wie einen „Misthaufen“, bei dem ich mich bedienen darf. Es gibt so viele körperliche Möglichkeiten, „negative“ Eigenschaften oder Ereignisse, die super geeignet sind, mich umfallen zu lassen. Die Erde ist ein einziger Misthaufen. Die Erde ist ein einzigartiger, großartiger Misthaufen. Du hast die Ergänzung gehört? Der „Misthaufen des Umfallens“ kann schrecklich werden und mich völlig überfordern! Das wünsche ich dir auf keinen Fall und keinem Menschen auf dieser Welt. Meine Beratungen bestehen darin, Misthaufen erträglicher und ein wenig kleiner zu machen. Der „Misthaufen des Umfallens“ kann aber auch eine Chance zur Weiterentwicklung sein.
Stell dir für einen Augenblick vor, dass die Erde nur aus Liebe und Ewigkeit besteht. Das wäre bestimmt großartig. Es wäre das, was wir als Himmel oder Paradies bezeichnen würden. Es könnte allerdings sein, dass wir zwar in der Liebe baden, aber uns dessen nicht bewusst sind. Es wäre so etwas wie eine unbewusste „Ewigkeitssuppe“, in der wir trunken durcheinanderschweben würden voller Liebe aber ohne eigenen Willen, eigenen Antrieb und eigener Selbstentscheidung.
Liebe mit hoher Bewusstheit und Entscheidung in größter Eigenständigkeit und mit freiem Willen wäre also die höhere Form der Liebe. In meiner Vorstellung dient der Misthaufen Erde dazu, durch Leid und Schmerz zu einer bewussteren Liebe zu kommen. Erst durch die Begrenzung kann ich den Wert der Ewigkeit erst in allen Ausmaßen erkennen. Eine bewusste Entscheidung für die Ewigkeit macht diesen Zustand besonders kostbar.
Stell dir vor, du seiest ein Rohdiamant und hättest den Wunsch, in allen Facetten zu leuchten. Dazu müsstest du geschliffen werden. Dann wäre die Erde in erster Linie ein Schleifpapier. Damit du aber im Schmerz des Schleifens nicht verzweifelst, bekommst du immer wieder Geschenke von Liebe und Ewigkeit. Damit du weißt, wofür du das alles auf dich nimmst.
Findest du meine Vorstellung und meine Bilder abwegig? Oder magst du mit mir in der Grundausrichtung übereinstimmen?
Wenn meine Vorstellung stimmt, dann geht es nicht mehr darum, das Schicksal zu ertragen und sich aushaltend auf dem Misthaufen zu setzen und abzuwarten, dass es hoffentlich bald vorbei ist. Dann geht es eher um die Frage: „Was kann ich mit dem, was mir da gerade geschieht, anfangen? Wie kann ich es für mich nutzen? Wie kann ich mich damit weiterentwickeln? Wo liegen meine Aufgaben und auch das verborgene Geschenk?“
Das würde auch bedeuten, dass jeder Misthaufen einen Goldnugget enthält, den ich auf den ersten Blick nicht sehen kann. Ich müsste bereit sein für die Möglichkeit, dass er da ist.
Zugleich geht es darum, weder an dem einen Pol des Umfallens zu kleben noch an dem anderen Pol der Ewigkeit, sondern im Sinne des Pendels, sich darin hin und her zu bewegen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Die Chancen zu nutzen, die die Erde bietet.
Finde ich etwas davon im biblischen Denken wieder? Wenn ich mir das Leben von Jesus anschaue, dann entdecke ich etwas Wesentliches. Immer wieder begegnet er Menschen, die ins Stocken geraten sind. Die ihre Entwicklung unterbrechen mussten durch eine körperliche Einschränkung, eine Ausgrenzung der religiösen Gesellschaft, eine psychische Erkrankung oder irgendein anderer Anteil, der Entwicklung ausbremste. Jesus hat die Menschen wieder in die Bewegung gebracht. Er ist mit ihnen den nächsten, kleinen Schritt gegangen.
Das wäre doch eine schöne Einladung für dich und mich und für uns alle. Dass wir uns gegenseitig stärken und unterstützen beim nächsten Schritt unserer Weiterentwicklung. Dabei ist es völlig egal, wie die Welt im Außen aussieht. Ob wir mit Windkraft oder Sonne voranschreiten, ob wir Krisen ausgesetzt sind oder gerade entspannt leben dürfen! Das Leben bietet uns ständig neues Material an, an dem wir uns reiben dürfen. Wo stockt es gerade bei dir? Wo kommst du im Augenblick gut voran? Wie nimmst du dein momentanes „Schleifpapier“ wahr und spürst deine Herausforderungen? Kannst du es tragen oder brauchst du eine Unterstützung?
Wir Menschen müssen das zum Glück nicht allein hinbekommen. Wir sind eine große Gemeinschaft, die das gemeinsam hinbekommt. Auch darauf ist die Erde ausgerichtet. Kein Einzelkampf, sondern miteinander und füreinander mit gegenseitiger Unterstützung. Davon wünsche ich dir mehr als du brauchst.
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